Der Clan des Schicksals - Todespfotes Bestimmung

Hirachie
Anführer:
Weißstern – weißer Kater mit hellen, grünen Augen, loyal, mutig, ehrenhaft, stark, weise

2. Anführer:
Traumwind – hellbraune Katze mit grünbraunen Augen, ehemalige Einzelläuferin, weise
Mentorin von Todespfote

Heiler/in:
Lebenshauch – glänzend silberne Katze, bedacht, sanft, liebevoll, blaugraue Augen

Krieger:
Wirbelsturm – braun-schwarz gefleckte Katze mit funkelnden schwarzen Augen
Mentorin von Löwenpfote
Ahornblatt – haselnussbrauner Kater mit gleichfarbigen Augen und blattförmigem Gesicht
Mentor von Erdpfote
Gewitterschweif – schwarze Katze, rassig, blitzende, dunkle Augen, aufbrausend
Mentor von Windpfote
Herzbeere – Tochter von Weißstern, vorsichtig, herzlich, schüchtern, weißes Fell, grüne Augen
Mentorin von Himbeerpfote
Edelstreif – silberner Kater mit einem schwarzem Streifen über dem Gesicht, graue Augen
Krähenfell – schwarze Kater, Bruder von Gewitterschweif, ruhig, Gewitterschweifs Ebenbild
Schwarzblüte – schwarze Katze mit hellen, blütenartigen Tupfen auf Pfoten und Stirn

Schüler:
Windpfote – magerer, grauer Kater mit blauen Augen, schnell und ruhig
Löwenpfote – goldfarbene Tochter von Goldmurmel, verspielt und neugierig, goldene Augen
Erdpfote – erdbrauner Kater mit schwarzen Augen, schwerfällig, langsam, gutmütig
Todespfote – pechschwarze Katze mit dunkelblauen Augen, wurde von einer sterbenden Katze geboren, Weißsterns 2. Tochter, daher war er verbittert und nannte sie so, oft allein
Himbeerpfote – rotbraune Katze mit einem weißen Fuß, braune Augen, lieb, hilfsbereit, süß

Königinnen:
Fliederduft – dunkelbraune Katze mit weißem Kopfmuster, riecht nach Flieder
Goldmurmel – goldfarbene Katze mit leichter Löwenmähne und gelben, glitzernden Augen
Eisgesicht – weißgraue Katze mit ganz hellgrauen Augen und einen Blaustich im Fell

Älteste:
Dämmerpfad – brauner Kater mit Silberfäden im Fell vom Alter
Raureif – langhaariger, reingrauer Kater mit klugen, silbrigen Augen
Zitronenblatt – gelbbraune Katze mit hellgelben Augen und spöttischem Blick, ironisch
Braunstreif – dunkelbrauner Kater mit braunen Augen, verschwiegen, mürrisch

Prolog:
Es war ein kalter Herbsttag und der eisige Wind zischte durch das Gebirge.
Der Regen prasselte in Strömen auf das Lager des SchicksalsClans.
Dort versammelten sich alle Katzen des Clans unter einer Gruppe von Eichen.
Jede einzelne von ihnen, von den Jungen bis zu den Ältesten, war nass bis auf die Knochen.
Ihr Anführer, Weißstern, rief jede einzelne Katze mit ihrem Namen auf, um sicherzugehen, dass sie bei ihrer Flucht vor dem Regen, der ihr altes Lager überflutet hatte, niemanden verloren hatten. „Nebelglanz !“, rief er. Doch er bekam keine Antwort.
„Nebelglanz !“, rief er noch mal, diesmal lauter und eindringlicher. Doch alles blieb still.
Die Katzen wurden unruhig und begannen zu tuscheln.
Die Stimme von Weißstern schallte durch das Gebirge: „Ruhe ! Wer von euch hat Nebelglanz gesehen ? Wer ist mit ihr gelaufen ? Und wo ist Edelstreif, ihr Gefährte ?“
Durcheinander miauten die Katzen, aber niemand wusste, wo die beiden waren, denn auch Edelstreif war verschwunden. Da war plötzlich ein Tapsen zu hören, dass immer lauter wurde, und schließlich stand Edelstreif zwischen den Katzen.
Im Maul trug er ein kleines Katzenjunges. Die Clanmitglieder bildeten eine Gasse und Edelstreif wankte zu seinem Anführer und legte das Junges vor ihm ab.
Sofort eilte Lebenshauch, die Heilerin des Clans, herbei und kümmerte sich um es.
Um eine kräftige Stimme bemüht fragte Weißstern Edelstreif nach Nebelglanz, obwohl er die Antwort schon zu kennen glaubte.
Traurig senkte Edelstreif den Kopf und miaute leise: „Ihre Jungen kamen und es war niemand da, der ihr helfen konnte. Sie ist gestorben und mit ihr das zweite Junges. Das erste lebt. Noch. Es tut mir so leid, ich konnte sie nicht retten !“
Lebenshauch leckte Edelstreif beruhigend die Seite: „Es wird überleben. Niemand macht dir Vorwürfe. Ruh dich aus.“
Auch Herzbeere, Nebelglanz’ Schwester, kam zu Edelstreif und tröstete ihn.
Wie erstarrt stand Weißstern da. Seine zweite Anführerin Traumwind stupste ihn an und rief den entsetzten ClanKatzen zu: „Wir werden hier auf den Bäumen übernachten. Morgen früh werden wir weitersehen. Die Versammlung ist beendet.“
Die Katzen zerstreuten sich und verteilten sich auf die Bäume. Es war ein anstrengender Tag für alle gewesen.
Nur Edelstreif, Herzbeere, Lebenshauch und Weißstern standen noch bei Nebelglanz’ Tochter. Weißsterns Gesicht war von Trauer und Wut gezeichnet. Er hatte Nebelglanz sehr geliebt und eine sehr enge Bindung zu ihr gehabt.
Schweigend blickten alle auf das Junges, dass friedlich schlief.
Mit harter Stimme sprach Weißstern: „Ich werde dieses Junge Todesjunges nennen, denn es ist schuld am Tod von Nebelglanz. Geht jetzt. Alle !“
Erschrocken kletterten Herzbeere und Edelstreif auf die Bäume.
Lebenshauch warf Weißstern einen scharfen Blick zu, nahm das Junges mit sich und brachte es zu Eisgesicht, einer Königin, damit diese es säugen kann.
Als alle anderen Katzen schon längst schliefen, saß Weißstern immer noch an derselben Stelle und stieß von Zeit zu Zeit einen Schrei aus. Er weinte.

Es war ein warmer Frühlingstag. Löwenpfote und Erdpfote, die Kinder von Eisgesicht, tollten vergnügt im Lager des SchicksalsClans herum. Erdpfote sprang auf Löwenpfote zu, aber diese wiegte sich zur Seite und sah vergnügt zu, wie der Kater auf den harten Felsboden fiel.
Gespielt wütend fauchte Erdpfote und rappelte sich wieder auf. Diesmal griff Löwenpfote ihn an und flog über den anderen Schüler, der sich rechtzeitig geduckt hatte.
Auf einmal kam Wirbelsturm auf die beiden zu.
Löwenpfote hielt inne und trottete zu ihrer Mentorin: „Wirbelsturm, gehen wir heute wieder jagen ?“ Die Kriegerin schüttelte den Kopf: „Nein, wir werden heute an deiner Kampftechnik arbeiten. Aber erst später. Ich muss erst noch mal zu Goldmurmel in die Kinderstube. Sie wird ihre Jungen bald bekommen. Übt ihr solange noch schön weiter.“ Wirbelsturm lief rasch in Richtung Kinderstube davon.
Löwenpfote und Erdpfote stellten sich wieder in Kampfhaltung. Doch bevor einer von beiden angreifen konnte, kam eine schwarze Katze auf sie zu. Es war Todespfote.
Leise, wie es ihre Art war, miaute sie: „Kann ich vielleicht mitspielen ?“
Lachend baute sich Löwenpfote vor der kleineren Schülerin auf und grinste herablassend: „Ob du mitspielen kannst ? Meinst du, wir lassen jemanden wie dich mitspielen ? Verschwinde bloß, du verpestest die Luft.“ Die beiden begannen zu kämpfen und beachteten Todespfote nicht weiter. Mit undurchdringlicher Miene trollte sich diese und machte sich auf den Weg zum Kriegerbau, um ihre Mentorin zu suchen. Auf dem Weg kam sie an der Höhle von Weißstern vorbei. Sie hörte Stimmen und drückte sie an die Steinwand, um sie zu verstehen. Eigentlich war das nicht ihre Art, aber ihr siebter Sinn sagte ihr, dass dort drinnen über sie geredet wurde. Vielleicht würde sie ja eine Kriegerin werden, immerhin waren sie und die anderen beiden schon einige Monde Schüler gewesen und hatten viel gelernt.
Todespfote erkannte die Stimme von Traumwind, ihrer Mentorin: „Todespfote ist auch soweit, sie ist zwar klein, aber geschickt und schnell. Sie kann mit Löwenpfote und Erdpfote mithalten, sie sind ja alle zur selben Zeit zu Schülern ernannt worden. Wir sollten alle drei recht bald zu Kriegern ernennen.“ Weißstern antwortete ihr: „Löwenpfote und Erdpfote bestimmt, sie sind stark und kräftig. Aber Todespfote ist noch viel zu schwach. Sie wird besser noch eine Weile trainieren.“ Traumwind erwiderte mit seltsamer Stimme: „Du weißt, dass Todespfote so weit ist. Du willst sie nur nicht ernennen, hab ich recht ?“
Wütend fauchte der Anführer seine Stellvertreterin an: „Du hast meine Entscheidung nicht anzuzweifeln. Geh jetzt !“ Todespfote wollte sich gerade davonschleichen, als jemand sie ansprach: „Todespfote, was machst du denn hier ?“ Zerknirscht drehte sich die Schülerin um und sah ihre Mentorin vor sich, deren Augen beängstigend funkelten.
„Du hast alles gehört, nehme ich an ?“ „Ja. Warum darf ich keine Kriegerin werden ?“
Traumwind leckte Todespfote die Brust und murmelte: „Eines Tages wirst du auch Kriegerin.“ „Aber warum nicht jetzt ?“, miaute die Schülerin.
„Es ist halt nun mal so“, erwiderte ihre Mentorin, „und jetzt gehen wir jagen, na komm.“
Traumwind rannte los und Todespfote folgte ihr in das höhere Gebirge. Dort begannen die beiden zu jagen und keine sprach mehr ein Wort über die Ernennung der Schüler.
Sie brachten einiges an Frischbeute zurück ins Lager und Traumwind verschwand in den Bau der Krieger, um mit den Mentoren von Löwenpfote und Erdpfote zu reden.
Traurig lief Todespfote zur Kinderstube. Goldmurmel hatte ihre Jungen bekommen und die wollte sie sich unbedingt ansehen. Vor der Kinderstube traf sie auf Himbeerpfote, einer etwas jüngeren, rotbraunen Schülerin, die ihr aufgeregt zumiaute: „Stell dir vor, Löwenpfote und Erdpfote werden Krieger, noch heute ! Schau sie dir an, wie stolz sie sind !! Ich wünschte, ich wäre an ihrer Stelle!“ Ihr Bruder Windpfote gesellte sich zu ihnen und rieb seine Nase am Fell seiner Schwester: „Wir werden auch bald Krieger werden. Es kann gar nicht mehr so lange dauern. Aber müsstest du nicht eigentlich auch heute zur Kriegerin werden ?“
Der letzte Satz war an Todespfote gerichtet, die begann: „Also, ich....“
Doch da wurde sie schon von Löwenpfote unterbrochen: „Weißstern hält sie für zu klein und schwach, als dass sie eine Kriegerin werden könnte.“ Dann verschwand sie wieder um sich für ihre Ehrnennung zu waschen.
Himbeerpfote leckte Todespfote über die Schulter: „Du wirst bald eine Kriegerin. Ganz sicher. Du bist die schnellste Katze im Clan, die ich kenne.“ Windpfote stimmte ihr zu: „Genau. Du bist genauso gut wie dieses eingebildete Mäusehirn, wenn nicht sogar noch besser. Und jetzt komm, lass uns die Jungen ansehen.“
Die drei traten Seite an Seite in die Kinderstube. Dort lag Goldmurmel mit ihren drei Jungen.
Neben ihr stand die glückliche Lebenshauch und sagte: „Sie sind alle drei putzmunter. Aber sie brauchen Ruhe. Los ihr drei, raus mit euch, gleich ernennt Weißstern die neuen Krieger.“
Die Heilerin schob die Schüler hinaus.

Auf dem Großfelsen, dem Ort für Verkündungen und Clanversammlungen, stand schon Weißstern und rief: „Alle Katzen, die alt genug sind, ihre eigene Beute zu erlegen, sollen sich hier versammeln.“ Die Katzen liefen alle erwartungsvoll zum Hochfelsen. Löwenpfote und Erdpfote saßen stolz aufgerichtet ganz vorne.
Weißstern fuhr fort: „Wir werden heute zwei Schüler zu Kriegern ernennen. Löwenpfote, Erdpfote, kommt bitte zu mir. Ihr habt von euren Mentoren alles gelernt, was man als guter Krieger wissen muss und heute werdet ihr als solche in den Clan aufgenommen.
Erdpfote, von diesem Moment an wirst du Erdschweif sein. Der Clan ehrt deine Treue und dein Jagdgeschick und wir heißen dich als vollwertigen Krieger im Clan willkommen.
Löwenpfote, ab heute wirst du Löwenkralle sein. Der Clan ehrt deine Stärke und deinen Mut und wir heißen dich als vollwertige Kriegerin im Clan willkommen. Stellt euch zu den Anderen.“ „Löwenkralle !“ „Erdschweif !“, jubelte die Menge. Glücklich saßen die neuernannten Krieger zwischen den anderen Kriegern. Heute Nacht würden sie das erste Mal im Bau der Krieger schlafen.
Während die anderen ausgelassen feierten, lag Todespfote allein hinter einem Busch.
Niemand sollte sie sehen oder merken, dass sie fehlte. Traurig legte sie den Kopf auf die Pfoten und dachte: „Warum bin ich keine Kriegerin geworden ? Das ist so ungerecht.“
Auf einmal begann jemand ihr Fell zu lecken. Es war Lebenshauch.
„Was ist los, meine Kleine ? Warum feierst du nicht mit ?“
Todespfote wollte es ihr erklären, ließ es dann aber doch. Was würde es ihr bringen ? Dadurch würde sie auch keine Kriegerin werden. So schwieg sie.
Die Heilerin legte ihr ein paar Mohnsamen hin und miaute: „Hier, iss das. Damit du schlafen kannst.“ Dann ging sie wieder davon.
Doch Todespfote schob die Mohnsamen mit ihrer Pfote weg und schlich sich in den Bau der Schüler. Und obwohl sie die erste dort war, war sie in dieser Nacht doch die letzte, die schlief.
Als sie dann endlich einschlief, standen die Sterne schon hoch am Himmel.

Am nächsten Morgen wurde Todespfote geweckt, als sie jemand unsanft in die Seite stieß und sie aus dem Bau kullerte. Erschrocken miaute sie und sprang auf. Da war von hinten ein spöttisches Maunzen zu hören und Löwenstreif stand hinter ihr und fuhr sie an: "Weißt du wie spät es ist ?! Du müsstest schon längst bei der Versammlung der Schüler sein, die heute im Morgengrauen in der Sandkuhle begann !" Dann verschwand sie in dem Bau der Krieger, höchstzufrieden mit sich selbst. Todespfote wollte gerade aus dem Lager preschen, als eine tiefe Stimme sie rief. "Weißstern...", begann Todespfote zu erklären, aber ihr Anführer ließ sie gar nicht ausreden: "Du darfst das Lager nicht ohne einen Krieger verlassen, so unerfahren, wie du bist." Wütend miaute Todespfote: "Ich wollte doch nur zur Versammlung der Schüler in der Sandkuhle, ich hab verschlafen."
Zornig motzte der Kater sie an: "Hör auf zu lügen, es gibt keine solche Versammlung ! Geh sofort in den Bau der Schüler und lass dich von mir nicht noch einmal erwischen, wie du dich davonstehlen willst !" Weißstern drehte sich um und verschwand, ehe Todespfote noch etwas sagen konnte. Sie warf Löwenstreif, die unschuldig blickend vor dem Bau der Krieger lag, einen finsteren Blick zu. Ihr Ärger mit Weißstern war auch ohne das schon groß genug. Da kam von links Traumwind, ihre Mentorin auf sie zu und fragte verwundert: "Was ist denn mit dir los ? Du siehst ja finster aus. Heute werde ich dich prüfen. Geh jagen, ich werde dich beobachten, damit du auch eine Kriegerin wirst." Erfreut hellte sich das Gesicht der Schülerin auf und sie lief los. Nachdem sie schon zwei Mäuse gefangen hatte, stieg ihr plötzlich ein fremder Katzengeruch in die Nase. Schnuppernd folgte sie diesem Geruch und kam in die Nähe des Zweibeinerortes, dem Reich des Straßenclans. Dort, mitten auf einem kleinen Felsen, lag ein miauendes Etwas. Es war eine Kätzin, deren Augen so zerkratzt waren, dass man mit einem Blick sehen konnte, das sie blind war. Die Katze wirkte jünger als Todespfote, vielleicht so knapp sechs Monate und hatte weißes Fell mit kleinen, kleeblattartigen Tupfen.
Vorsichtig kam Todespfote zu ihr und miaute ihr sanft zu: "Sei leise, sonst hören dich noch andere Katzen oder Greifvögel." Erschrocken verstummte die Kleine und antwortete leise: "Wer bist du ? Willst du mich umbringen ? Mach nur, ich wurde verstoßen, weil ich blind bin. Ich werde lieber jetzt umgebracht, als später von einem Vogel oder so."
Todespfote schüttelte den Kopf, packte die Katze im Nacken und trug sie ins Gebirge. Dort angekommen setzte die Schülerin die andere Katze in einer gut geschützten Höhle ab und maunzte ihr beruhigend zu: "Ich kümmere mich um dich. Du bleibst hier in der Höhle, es ist trocken udn warm und du wirst nicht einfach angegriffen. ich werde dir Essen und so bringen. Aber jetzt ruh dich erstmal aus. Du musst sicher müde sein." Und tatsächlich schlief die Katze sofort ein. Liebevoll betrachtete Todespfote sie. Es war ihr egal, dass sie die Gesetze des Clans brechen würde, um diese Katze zu versorgen. Aber die Kätzin brauchte sie. Und dem Clan war sie ja eh egal. Todespfote leckte der Katze zärtlich das Fell und machte sich dann auf den Weg zurück ins Clangebiet, um weiterzujagen. Sie bemerkte nicht, dass ihr ein Schatten unauffällig folgte.

In der Sandkuhle traf Todespfote wieder auf ihre Mentorin, die anerkennend nickte und ihr half, die Beute zurück ins Lager zu tragen. Dort betraten die beiden sofort den Bau von Weißstern. Als er sie nicht bemerkte, hob Traumwind die Stimme und rief: „Weißstern, hier ist Todespfote. Ich habe sie heute geprüft, sie jagt gut und hat eine gute Balance und einen guten Gleichgewichtssinn. Sie ist wirklich soweit.“ Mit einem Satz stand der Anführer vor Todespfote und blickte sie aus schwarzen Augen eiskalt an. Dann begann er, sie zu umrunden und flüsterte ihr zu: „Körperlich ja, aber bist du auch für Treue zum Clan und dem Gesetz der Krieger bereit ? Ich bezweifle es.“ Darauf miaute er kurz: „Sie wird noch keine Kriegerin.“, warf ihr einen seltsamen Blick zu und schickte sie hinaus. Wütend rannte Todespfote aus dem Lager, sie wollte niemanden sehen, sie hatte ihr bestes gegeben und schon wieder war sie abgelehnt worden. „Das Leben ist so ungerecht!“, dachte sie bitter. Zornig machte sie sich auf den Weg zu der kleinen Kätzin. Sie jagte eine Wühlmaus für sie und schnappte sich ein paar stärkende Kräuter. Als sie die Höhle betrat, stellte die liegende Katze die Ohren auf, stand schwerfällig auf und ging auf Todespfote zu. Diese miaute ihr einen kurzen Gruß zu und gab ihr die mitgebrachten Sachen, über die sich die kleine Katze hungrig hermachte. Belustigt blickte Todespfote sie an. „Wie heißt du eigentlich?“, fragte sie. „Ich habe noch keinen Namen.“ „Dann gebe ich dir jetzt einen: Mit der Kraft des Sternenclans nenne ich dich Taujunges.“ Feierlich nickte die frischgetaufte Taujunges mit dem Kopf und schnurrte begeistert: „Danke! Das klingt toll! Aber wie heißt du denn...?“ Kurz zögerte Todespfote, dann miaute sie: „Ich heiße Lebenspfote....“ „Was für ein schöner Name! Aber naja, es zählt ja nicht nur der Name und das Äußere.“ Überrascht lächelten sich die beiden an.
Dann unterhielten sie sich noch ein bisschen, die Blinde stand Todespfote in nichts nach, über die Clans und so und deren Gewohnheiten.

Todespfote ahnte ja noch nicht, dass sie vom Sternenclan zu großem Ausersehen war....
In dieser Nacht träumte Todespfote etwas höchst seltsames: Sie lief mit Taujunges durch den Zweibeinerort und fand in einem kleinen Dorf, nahe dem Wald dahinter, ein großes, leerstehendes Haus. Die Tür stand einen Spalt weit offen und die beiden Katzen zwengten sich hindurch. Das Haus war ein einziger, absolut kahler Raum. Und darin saßen ganz viele Tiere und in ihrer Mitte saß ein Mensch, ein kleines Mädchen, dass ganz vergnügt mit den Tieren schmuste....
In diesem Moment schreckte Todespfote hoch und sah Erdschweif, der sie besorgt ansah: "Du siehst gar nicht gut aus. Du hast heute Nacht so laut geschrieen, dass man es sogar bei uns im Kriegerbau gehört hat. Ich glaube, Löwenstreif verlangt zuviel von dir. Ich werde mit ihr reden."
Die totmüde Schülerin rappelte sich schnell auf und rief mit gewollt fröhlicher Stimme: "Nein, dass musst du nicht tun. Mir geht es prima. Es ist alles ok." Damit drückte sie sich an dem Kater vorbei aus dem Bau. Todespfote war klar, dass es nicht mehr so weitergehen konnte, auch Himbeerpfote war ihr müdes Aussehen schon aufgefallen. Doch wem konnte sie alles anvertrauen ? Als sie ihre Mentorin aus dem Kriegerbau kommen sah, wusste sie es. Schon rief sie: "Traumwind, hast du ZEit ? Können wir zusammen jagen gehen ?" Und schoss auf das Nicken von Traumwind aus dem Lager. Verwundert folgte ihr die Mentorin. In der Nähe der Höhle, wo Taujunges lebte, hielt Todespfote an. Mutig miaute sie: "Traumwind, ich muss dir etwas sagen. Ich habe vor einiger Zeit ein blindes Junges gefunden, dass beim Zweibeinerort lag. Ich habe es in der Höhle dort vorne versorgt und für es gejagt und mich um es gekümmert. Löwenstreif hat das bemerkt und mich seitdem rumkommandiert, denn sonst hätte sie es euch verraten. Es tut mir leid ,aber ich hätte Taujunges doch nicht sterben lassen können!"
Zuerst erstarrte Traumwind einen Moment, dann leckte sie ihrer Schülerin beruhigend über die Schulter: "Es war nicht gut, dass du es uns verschwiegen hast, aber Weißstern wäre wahrscheinlich eh nicht gut auf es zusprechen gewesen. Taujunges, sagst du ? Führ mich bitte zu ihr."
Erleichtert drückte sich Todespfote an ihre Mentorin: "Dann wird jetzt alles gut ?" Lächelnd schnurrte Traumwind: "Ja. Ich werde auch mit Löwenstreif reden. Sie hat kein Recht, soetwas zu machen. Aber jetzt bring mich zu Taujunges." Als die beiden Katzen die Höhle betraten, sprang Taujunges erschrocken auf, Traumwinds Geruch war ihr so fremd. Langsam ging diese auf das Junge zu und miaute sanft: "Hallo Taujunges. Ich bin Traumwind, die Mentorin von T......." Ein Hustenanfall von Todespfote unterbrach sie. Irritiert redete sie weiter: "von ihr. Sie hat mir alles erzählt. Willst du zu uns in den Clan kommen ? Wir werden uns um dich kümmern und du kannst mit uns leben, als Schülerin des SchicksalsClans, denn, wie ich sehe, bist du alt genug dafür. Willst du ?" Erfreut maunzte Taujunges: "Ja, gerne. Danke Lebenspfote, dass du dich um mich gekümmert hast." Als das Junge sich an sie drückte, wurde Todespfote rot vor Verlegenheit. Traumwind blickte sie allerdings seltsam an: Hatte die kleine Katze gerade Lebenspfote gesagt ?
Doch Todespfote wich ihrem Blick aus. So machten sich die drei auf den Weg zurück ins Lager. Dort wurden sie schon von Löwenstreif erwartet, die sehr böse aussah und Todespfote, als sie diese erblickte, sofort angriff, aber von Traumwind gleich darauf einen solchen Schlag auf die Schnauze bekam, dass sie erschrocken zurückfuhr. Wütend rief Traumwind: "Löwenstreif, geh in den Bau der Ältesten und kümmere dich um sie. Du wirst das Lager nicht verlassen. Wir haben einiges zu besprechen." Damit entließ sie Löwenstreif mit einem Kopfnicken. Als nächstes schickte die 2. Anführerin Todespfote und Taujunges zu Lebenshauch, damit diese Taujunges untersuchen konnte. Auf dem Weg dorthin miaute Todespfote ihrer Freundin zu: "Ich heiße Todespfote, nicht Lebenspfote. Sorry, das ich gelogen habe. Aber ich hasse meinen Namen einfach." "Schon okay." Während Taujunges von Lebenshauch untersucht wurde, begab sich Traumwind in Weißsterns Bau und erzählte dem alten Kater, dass sie und Todespfote ein blindes Junges gefunden haben, dass sie nun mit in den Clan gebracht haben und das von Lebenshauch gerade untersucht wird. Die Aussicht auf eine neue, wenn auch blinde Schülerin, erheiterte den Anführer sehr und er kam auch gleich mit zum Bau der Heilerin. Vorher erklärte er sich noch bereit, dass Traumwind Löwenstreif, von ihr hatte sie ihm auch erzählt, nach ihren Belieben bestrafen durfte. Im Bau der Heilerin war Taujunges für gesund erklärt worden und zusammen mit Todespfote in den Schülerbau geschickt worden. Noch heute Abend würde aus Taujunges Taupfote werden. Doch Lebenshauch hatte etwas seltsames an der neuen Katze bemerkt, ein Kribbeln war durch ihren Körper gefahren und sie wurde das Gefühl nicht los, dass der Sternenclan ihr etwas damit sagen wollte. Sollte sie diese Katze etwa als ihre Schülerin ausbilden?

Im Bau der Schüler schliefen Taujunges und Todespfote sofort ein, der Tag hatte sie sehr angestrengt. Doch für Traumwind war der Tag noch nicht vorbei. Vor ihr lag noch ein Gespräch mit Löwenstreif. Die Kriegerin war äußerst uneinsichtig und bockig, als ihre zweite Anführerin sie auf ihre Erpressung ansprach. Umso strenger war daher auch Traumwinds Strafe: Löwenstreif musste sich um die Ältesten kümmern, durfte nicht mehr ohne Krieger das Lager verlassen und wurde wieder Löwenpfote genannt. Zudem sollte sie bei den Ältesten schlafen. Zornig rannte Löwenpfote davon, aber sie wusste genau, dass sie keine Wahl hatte. Und ihr Hass auf Todespfote wurde immer größer und größer.
Todespfote allerdings lag glücklich im Bau der Schüler, sie würde mit Taujunges zusammen zur Kriegerin weiter ausgebildet werden und so störte es sie nicht, dass sie noch nicht längst eine Kriegerin war.
So ging ein sehr ereignisreicher Tag zu Ende.
Und in dieser Nacht träumten Taujunges und Lebenshauch beide diesen Traum: Jede von ihnen ging zu den Hochfelsen und traf dort die andere. Bei ihnen standen viele KAtzen aus dem Sternenclan und sagten: "Ihr seid die Heilerinnen des SchicksalsClans. Lebenshauch, du bist die Mentorin von Taupfote. Taupfote, du bist die Schülerin von Lebenshauch. Macht eure Sache gut...."
Dann wachten beide verwirrt auf und konnten lange nicht mehr schlafen. Was hatte das zu bedeuten ?
Am nächsten Tag rief Traumwind ihre Schülerin zu sich, noch bevor die Sonne richtig aufgegangen war. Als sie schwieg, fragte Todespfote: „Traumwind, was gibt es?“ Diese drehte sich zu ihr um und sah ihr fest in die dunkelblauen Augen. Ihre Stimme klang sanft: „Warum hast du Taujunges gesagt, dass du Lebenspfote heißt?“ Da wandte Todespfote den Blick zu Boden, Tränen stiegen in ihren Augen auf. Sie wollte nicht sprechen und sie konnte es auch nicht. Vorsichtig leckte Traumwind ihr über die Schulter: „Warum hast du das getan?“ Leise miaute Todespfote: „Ich.....Ich....ich habe es nicht böse gemeint. Ich wollte doch nur.....dass mich einmal jemand nicht nur nach meinem Namen beurteilt und mich so schräg ansieht, wenn er meinen Namen hört! Es tut mir so leid, ich hab es mir nur so sehr gewünscht......“Freundlich stupste ihre Mentorin sie an: „Ich kann dich ja schon verstehen. Aber vielleicht sollte ich dir eine Geschichte erzählen. Die Geschichte eines Junges ohne Namen. Der Anführer seines Clans hieß Pinienstern und wollte dem Jungen keinen Namen geben, weil es als das verfluchte Junge geboren wurde, mitten in der Blattleere und seine Mutter danach eine Klippe heruntersprang. So musste jemand anderes das Junge aufziehen. Alle nannten es nur „Es“ weil niemand wusste, wie man es nennen sollte und so es auch mieden. Das Junge war sehr traurig deswegen und verließ irgendwann den Clan und rannte davon. Und ob du es glaubst oder nicht, dieses Junge rettete später den gesamten Clan.....“
Traumwind machte eine Pause und neugierig maunzte Todespfote: „Was soll das heißen?“ Lächelnd erwiderte Traumwind: „Das man selbst bestimmen kann, wer man ist und das man nie weiß, wen der Sternenclan ausgewählt hat. Und jetzt sieh zu, dass du Taujunges weckst, gleich beginnt ihre Namenszeremonie.“ Rasch lief Todespfote zu Taujunges und die beiden machte sich auf den Weg zu den Hochfelsen. Dort stand schon Weißstern und nickte Taujunges zu. Dann begann er mit tiefer Stimme: „Liebe Katzen des SchicksalsClans, wir haben uns heute hier versammelt, um eine junge Kätzin als Schülerin im Clan zu begrüßen. Taujunges, komm zu mir. Wir wissen alle, dass du bereit bist, eine Schülerin zu werden. Von jetzt an, bis du deinen Kriegernamen erhältst, bist du Taupfote. Dein Mentor wird Edelstreif sein, ich bin sicher, er wird dir seine Weisheit und Entschlossenheit weitergeben.“ Edelstreif und Taupfote berührten einander und dann war die Versammlung beendet.
Todespfote rannte sofort zu ihrer Freundin und knuffte sie begeistert in die Seite und spielerisch fauchte Taupfote zurück. Man sah ihr an, wie glücklich sie war.
Da kam auf einmal Lebenshauch zu ihnen und sah sehr verzweifelt aus: „Ihr müsst mir helfen! Krähenfell kam gerade mit Schwarzblüte von der Patrouille und ist schwer verletzt! Ein Dachs hatte sie wohl angegriffen...“ Sofort machte Taupfote sich auf den Weg zu Lebenshauch’ Bau, Todespfote folgte ihr verwirrt. Als sie und die Heilerin im Bau waren, war Taupfote dabei, aus Kräutern eine Paste zu machen und sie Krähenfell auf die Wunden zu streichen. Verwundert beobachteten die anderen beiden Katzen, wie liebevoll sie alles machte und das die Kräutermischung tatsächlich die Richtige war. Lebenshauch lief verwundert zu Taupfote und zog sie zur Seite, dann flüsterte sie ihr ins Ohr: „Woher kannst du das?“ Auf das Kopfschütteln redete sie weiter: „Wenn du willst, kannst du mir abends helfen, solange du dein Training nicht vernachlässigst und es niemandem erzählst. Und jetzt geht!“ Erfreut verließ Taupfote den Bau, gefolgt von Todespfote, die sie fragte, was die Heilerin ihr gesagt hatte. Aber Taupfote schwieg. Sie wollte es sich mit Lebenshauch nicht verderben.
Sie spielten noch ein bisschen im Lager zusammen mit Windpfote und Himbeerpfote, die sich sofort gut mit Taupfote verstanden und dann war der Tag schon zu Ende.
Doch Todespfote konnte nicht schlafen, wirre Traumfetzen quälten sie, sie sah Bilder aus dem Zweibeinerort, Katzen und viele andere Tiere. „Was hat das alles zu bedeuten?“, fragte sie sich. „Werde ich es jemals herausfinden?“

Die nächsten Tage waren Tage des Lebens eines ganz normalen Schülers, Taupfote und Todespfote trainierten, jagten und waren rundum zufrieden, hätte Todespfote nicht immer diese seltsamen Träume gehabt und wäre Taupfote nicht jeden Abend verschwunden, ohne ihrer Freundin bescheid zu sagen. Nach ungefähr 4, vielleicht auch fünf Tagen, abends, als Taupfote genau in dem Moment, indem Todespfote sich kurz umdrehte, verschwand, beschloss Todespfote, endlich herauszufinden, wohin sie gegangen, nein, gerannt war.
Sie lief die Grenzen des Territoriums ab, doch nirgends roch sie ihrer Freundin. Als sie schließlich müde und erschöpft im Lager ankam, sah sie ihre Freundin vor dem Bau der Schüler liegen und sich seelenruhig putzen. Gerade wollte Todespfote auf sie zustürmen, als Weißstern von der Seite kam und ihr den Weg abschnitt. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt: „Wo bist du gewesen?“ Zitternd erwiderte Todespfote: „Ich war jagen.“ Doch der Kater fuhr sie an: „Eine Schülerin darf nicht alleine jagen! Und wo ist deine Beute? Aus dir wird doch niemals eine Kriegerin!“ Todespfotes Angst verschwand sofort und machte einer unglaublichen Wut Platz, eine Wut auf Weißstern und Taupfote, die sie nur mühsam unter Kontrolle hielt. Gefährlich leise antwortete sie ihren Anführer: „Ich habe nichts gefangen.“ Darauf lachte dieser dröhnend und fauchte sie an: „Noch ein Grund mehr, dich nicht so bald zur Kriegerin zu ernennen.“ Damit verschwand er, ehe die Schülerin noch etwas sagen konnte. Wütend rannte diese zu Taupfote und fauchte sie an: „Wir müssen reden! Wo warst du? Oder besser gesagt, wohin verschwindest du JEDEN Abend? Ich habe dich gesucht und deswegen werde ich jetzt noch später eine Kriegerin!!“ Seelenruhig blickte Taupfote zurück: „Du musst nicht alles wissen.“ Vor Zorn schrie Todespfote: „Ach ja? Wie wäre es vielleicht mal mit einer Entschuldigung dafür, dass ich ganz umsonst eine Rüge bekommen habe??“
Taupfote stand auf und funkelte ihre Freundin an, dann zischte sie durch die Zähne: „Warum denn? Du hast mir doch zuerst etwas verschwiegen! Lebenspfote! Du hast mich einfach angelogen!! Es geht dich überhaupt nichts an, was ich mache oder nicht mache, ist das klar, du kannst mich mal! Lass mich bloß in Ruhe, du nervst!“ Und damit sprang sie leichtfüßig an Todespfote vorbei und lief zu Windpfote und Himbeerpfote, die vor der Kinderstube Fangen spielten. Einen Moment später spielten sie zu dritt.
Erst wütend, dann traurig, schaute Todespfote Taupfote nach. Dann rannte sie in den Wald hinaus, mit Tränen in den Augen. Sie wusste, dass sie etwas Verbotenes tat, aber in diesem Moment war es ihr total egal. Alles, was sie wollte, war allein sein und ihren Tränen freien Lauf lassen.... Unbewusst rannte sie zum Zweibeinerort, wo sie Taupfote auch gefunden hatte und erinnerte sich an alles, was sie mit der ehemaligen Freundin erlebt hatte und weinte heiße Tränen, die den Stein trafen, auf dem Taujunges gelegen hatte.
Auf einmal erschien ein Bild vor ihren Augen, es war das Bild eines Hauses, eines großen Hauses mit rotem Dach. Und sie lief durch den Zweibeinerort, bis die Sonne unterging, und suchte das Haus. Dann schlief sie mitten auf einer Straße ein.
Zum Glück war sie verlassen, sonst hätte sie die Nacht wohl nicht überlebt....

Als Todespfote aufwachte, war es dunkel. Immer noch? Schon wieder? Sie wusste es nicht. Als sie blinzelte und langsam begann, ihre Umgebung zu erkennen, riss sie erschrocken ihre Augen auf. Wo war sie? Todespfote brauchte einen Moment, um sich an alles geschehene zu erinnern. Es erschien ihr weit weg, wie ein Traum. Doch sie fühlte die kühle Nachtluft, roch den Duft der Stadt, sah die Häuser und das Kopfsteinpflaster des Weges...Es war kein Traum. Das alles war die unwiderrufbare Wirklichkeit. Einen Moment saß die junge Katze stumm da und verfluchte ihre Lüge und wünschte sich die Zeit zurückzudrehen.
Doch die Zeit lief unermüdlich weiter und die Kirchturmuhr schlug. Zwölfmal. Und Todespfote schoss das Bild des Hauses zurück ins Gedächtnis und machte sich wieder auf die Suche. Jede Gasse, jede Straße, jeden noch so kleinen und schmalen Weg lief sie ab, nirgends fand sie ein Haus, dass genauso aussah wie das in ihren Gedanken. Manche waren ähnlich, aber keines war das Richtige. Als sie schon aufgeben wollte, entdeckte sie am Rand des Zweibeinerortes ein Haus, dass dem gesuchten verdächtig ähnlich sah. Und ehe sie darüber nachgedacht hatte, stürmte sie zu diesem Haus. Die Tür war nur angelehnt und die schmale Kätzin zwängte sich durch den Türspalt. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Das Haus bestand auf einem, einzigen, großen, ach was, riesigen Zimmer. Es war komplett ohne irgendeine Einrichtung, bis auf einen großen Tisch, der in der Mitte stand. Der ganze Boden war mit bunten Teppichen ausgelegt, die Wände waren weiß gestrichen. An ihnen hingen viele Bilder von den unterschiedlichsten Tieren. Unter den Gemälden standen Namen, die nur mühsam zu entziffern waren. Auf dem Tisch stand ein großer, dunkelbrauner Hund, auf seiner Schulter saß eine Amsel, neben den beiden saßen eine rote Katze und ein graues Eichhörnchen. Um den Tisch herum hatten sich viele Katzen, Hunde, Eichhörnchen, Vögel, Mäuse, Ratten und alle Tiere, die man in Städten eben so vorfindet. Als der Hund Todespfote bemerkte, rief der laut: „Wer bist du? Was willst du hier?“ Erschreckt schwieg Todespfote, als der Hund wütend die Zähne fletschte. Eigentlich wirkte er mit dem dunkelbraunen, wuscheligen Fell und den großen, leuchtenden, rotbraunen Augen recht freundlich, aber er hatte lange, gefährlich wirkende Reißzähne und ungeschliffene Krallen. „Ich höre?“, bellte er, als Todespfote nichts antwortete. Entsetzt wich diese ein wenig zurück. Da kam die rote Katze mit den gelben Augen zu ihr und leckte ihr sanft über die Schulter. Ihre Augen waren warm und brachten Todespfote dazu, sich zu beruhigen. Dann wandte sich die Katze an den Hund: „Rock! Mach ihr nicht gleich so eine Angst! Du musst nicht immer den Helden spielen!“ Der Hund, demnach Rock, schwieg. Endlich gelang es Todespfote, etwas zu sagen: „Ich, ich bin Todespfote, eine Schülerin des SchicksalsClans. Ich habe das Haus hier im Traum gesehen und habe danach gesucht. Es tut mir leid, ich wollte euch nicht stören...“ Der Gesichtsausdruck der Roten veränderte sich und nahm einen seltsamen Ausdruck an. „aus dem SchicksalsClan...um diese Zeit....ja, das kommt hin....und dieser Name....“ Ängstlich beobachtete Todespfote sie. Auf einmal mischte sich das Eichhörnchen ein: „Du bist sicher müde und es ist noch Nacht. Leg dich dorthin und schlaf ein wenig.“ Zögernd gehorchte Todespfote. Und obwohl sie kein bisschen müde war, schlief sie sofort ein und bekam nicht mehr mit, wie die anderen Tiere laut über sie und ihr Erscheinen diskutierten.